Masterklasse mit Juliane Rebentisch
Der Streit um Pluralität. Auseinandersetzungen mit Hannah Arendt | 14. Oktober 2022, 16–19 Uhr
In der Masterklasse für Studierende, Doktorandinnen und Doktoranden der Universität zu Köln diskutiert Juliane Rebentisch die Aktualität der politischen Philosophie Hannah Arendts. Den Ausgangspunkt bildet Rebentischs aktuelle Veröffentlichung Der Streit um Pluralität. Auseinandersetzungen mit Hannah Arendt (Suhrkamp Verlag, 2022). In zehn hochkonzentrierten Kapiteln legt sie hier Hannah Arendts politische Philosophie der Pluralität frei und diskutiert sie im Horizont gegenwärtiger Debatten. Politik und Wahrheit, Flucht und Staatenlosigkeit, Sklaverei und Rassismus, Kolonialismus und Nationalsozialismus, Moral und Erziehung, Diskriminierung und Identität sowie Kapitalismus und Demokratie sind die Stichworte der Auseinandersetzungen. Arendts Erfahrungen und Analysen, so sehr sie auch Versuche darstellen, ihre eigene Gegenwart zu verstehen, scheinen in unsere hineinzusprechen.
Die Überzeugung, dass die Entfaltung menschlicher Würde auf Pluralität angewiesen ist, bestimmt Arendts Begriff der Öffentlichkeit und ihre Unterscheidung von Macht und Herrschaft; sie motiviert ihre Kritik der modernen Arbeitsgesellschaft ebenso wie ihre Aversion gegen die Gleichsetzung von Souveränität und Freiheit sowie den Sog der Brüderlichkeit. Sie ist in ihrer frühen Kritik der Assimilation ebenso präsent wie im Spätwerk über das Denken und Urteilen. Kurz: Arendts Texte können in wesentlichen Zügen als Beiträge zu einer »Apologie der Pluralität« (Bormuth) gelesen werden. Dass Arendts Schriften auch zu einer mit der Autorin gegen sie streitenden Lektüre einladen, hat indes nicht nur mit dem Gedankenreichtum, sondern auch mit der Qualität der Präsenz der Autorin in ihnen zu tun. Denn diese fordert zur aktiven Stellungnahme heraus. In diesem Effekt zeigt sich, dass sich das Motiv der Pluralität auch noch in der Weise manifestiert, wie Arendt ihre Publikationen, wie sie ihre eigene öffentliche Rolle verstanden hat.
Im ersten Teil der Veranstaltung sollen ausgewählte Passagen aus Der Streit um Pluralität gemeinsam gelesen und diskutiert werden. Im zweiten Teil erhalten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Gelegenheit, ihre eigenen Fragen und Überlegungen verstärkt einzubringen.
Bewerbungen mit einem tabellarischen CV und einer kurzen Darstellung der eigenen Studienschwerpunkte und Arbeitsbereiche (max. 300 Wörter) werden bis zum 23. September 2022 erbeten. Bitte senden Sie die Unterlagen an:
PD Dr. Martin Roussel, martin.rousseluni-koeln.de
Juliane Rebentisch hält sich im Sommersemester 2022 als Distinguished Fellow am Erich Auerbach Institute for Advanced Studies der Universität zu Köln auf. Am 27. Juni hielt sie die Auerbach Summer Lecture 2022 zur »Wirklichkeit der Endlichkeit. Über eine Allianz von Melancholie und Kritik«. Rebentisch ist Professorin für Philosophie und Ästhetik an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach am Main. 2017 erhielt sie den Lessing-Preis der Stadt Hamburg, ihr Arendt-Buch ist nominiert für den Preis der Leipziger Buchmesse 2022 in der Kategorie Sachbuch (Shortlist).