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Erich Auerbach

Mit seinen Arbeiten zählt der Literaturtheoretiker und Romanist Erich Auerbach zu den wegweisenden Kulturwissenschaftlern des 20. Jahrhundert. Das 1946 erschienene „Mimesis. Dargestellte Wirklichkeit in der abendländischen Literatur“ (1946) gilt als Klassiker der Literaturwissenschaften. Als Kulturphilosoph übersetzte Auerbach Giambattisto Vico und Benedetto Croce. Sein „figura“-Aufsatz (1939) hat einem bis dato eher in der Theologie beheimateten Begriff Augustinus’ eine Weltkarriere verschafft – vom New Historicism Stephen Greenblatts bis zu Hayden Whites Figural Realism. Begriffe wie ‚Figuration‘, ‚Ansatzpunkt‘ oder ‚dargestellte Wirklichkeit‘ sind in den letzten Jahren wieder verstärkt in den Kultur- und Medienwissenschaften aufgegriffen worden, auch weil sie eine „Philologie der Weltliteratur“ (so ein Aufsatz von 1952) zu denken erlauben, die sich von eurozentrischen Vorgaben entfernt hat und die Weltgeschichte wie die Weltkultur in einer Gleichwertigkeit ihrer Ausschnitte und Phänomene in Bezug zu setzen erlaubt.

Auerbach, der am 9. November 1892 in Berlin geboren wurde, studierte zunächst Jura in Berlin, Freiburg, München und Heidelberg, wo er 1913 promovierte. Im Ersten Weltkrieg wurde er im April 1918 schwer verwundet. Ein anschließendes Studium der Romanischen Philologie in Berlin, später in Greifswald schloss er im Mai 1921 mit einer Promotion „Zur Technik der Frührenaissancenovelle in Italien und Frankreich“ ab. 1929 wurde er in Marburg mit einer Arbeit über „Dante als Dichter der irdischen Welt“ bei Leo Spitzer habilitiert, dessen Nachfolger auf den Lehrstuhl für romanische Philologie er 1930 wurde.

Als Konsequenz des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“, das die rassenpolitischen Ziele der NSDAP, mithin die Entlassung jüdischer Beamter festschrieb, wurde Auerbach 1935 zunächst beurlaubt und 1936 im Alter von 43 Jahren in den Ruhestand versetzt. Als er im selben Jahr in der Nachfolge Spitzers einen Ruf an die Universität Istanbul erhielt, gaben die deutschen Behörden dem statt. Allerdings wurde er vom deutschen Generalkonsulat in der Türkei überwacht und ihm schließlich 1940 die deutsche Staatsbürgerschaft entzogen. Als für den Staatenlosen nach dem Zweiten Weltkrieg ein Ruf an eine deutsche Universität ausblieb, emigrierte er 1947 in die USA, mit vorübergehenden Stationen am Pennsylvania State College und am Institute for Advanced Studies in Princeton, bevor er 1950 eine Professur für mittelalterliche Literatur, ab 1956 dann als Sterling Professor of Romance Philology an der Yale University annahm. Auerbachs Wirken in Yale bildet die Basis einer engen Kooperation des Instituts mit den dortigen Humanities.