Host: Livia Kleinwächter
Forschungsprojekt
Neinsagen. Konsum- und Körperökonomien des Verzichts in der Gegenwartsliteratur
Verzichtsentscheidungen sind plausibilisierungsbedürftig und produzieren dadurch Erzählungen am laufenden Band. Ausgehend davon widmet sich das gemeinsame Projekt gegenwartsliterarischen Verzichtsnarrativen und den sich in ihnen äußernden Konsum- und Körperökonomien. Subjektive Verzichtsleistungen sind überindividuell-institutionell durchwirkt und (beispielsweise) durch ethische, moralische, gesundheitliche oder ökonomische Faktoren geprägt. Sie bergen weiterhin einen veritablen inszenatorisch-performativen Spielraum, nicht zuletzt auch deshalb, weil der erklärungsbedürftige Akt des Verzichtens zuverlässig Aufmerksamkeit generiert. Auch im Bereich des literarischen Feldes ist ein zunehmende Interesse an Figuren des Verzichts im Bezug zur komplementären Figur des Exzesses auffällig. Das Projekt setzt die ‚Kulturtechnik des Verzichts‘ ins Verhältnis zu den Kulturtechniken des Erzählens und Schreibens. Es adressiert Formen und Funktionen gegenwartsliterarischer Verzichtsnarrative anhand zweier Schwerpunkte: Zum einen sollen Verhandlungen von Nahrungs- und Genussmittelverzicht und die sie umgebenden diskursiven und ästhetischen Äußerungsformen im Fokus stehen; zum anderen das Verhältnis von institutionell erwünschten, unter dem Imperativ der Optimierung stehenden Verzichtsgeboten und der Geste der Verweigerung als intendiertem Verzicht auf die Unterwerfung unter die scheinbar allgegenwärtigen kapitalistischen Spielregeln. Verhandelt wird damit nicht zuletzt auch die von der Literatur dringlich gestellte Frage nach einem ‚außerhalb‘ des Systems.