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Forschungsprojekt

In aller Munde Möglichkeit. Konturen und Konfliktlinien eines umkämpften Grundbegriffs aus Sicht der Kritischen Theorie

Grundbegriffe sind in aller Munde, was zu vielfältigen Bedeutungen und unterschiedlichen Verwendungsweisen beiträgt. In besonderem Maße ist davon der Begriff der Möglichkeit betroffen. Er führt unentwegt zu Missverständnissen. Welche begrifflichen Momente wie zur Anwendung gelangen, ist hochgradig voraussetzungsreich, abhängig von Erkenntnisinteressen, sozialen Kontexten oder praktischen Belangen. Die verschiedenen Konzepte resultieren aus ontologischen Weichenstellungen und weisen ideologische Imprägnierungen auf. Streit um ein angemessenes Möglichkeitsverständnis scheint somit vorprogrammiert.

Der Widerstreit der Möglichkeit entpuppt sich oft als Konflikt zwischen verschiedenen Denkstilen, Disziplinen oder Schulen. Am Beispiel der Kritischen Theorie soll gezeigt werden, wie sich im Begriff der Möglichkeit die Argumente gegen positivistische Strömungen, gegen die herrschenden Verhältnisse zementierende Denkweisen und gegen eine vom Wirklichen strikt getrennte Sphäre des Möglichen gleichsam verdichten. Der Möglichkeitsbegriff avanciert so zum Schlüsselbegriff emanzipierender Theorie und utopischer Reflexion. Eine derartige Profilierung des Möglichkeitsdenkens mag angesichts der sozialen und planetarischen Krisen im Anthropozän naheliegen, über die Unterschiede zu anderen einflussreichen Konzeptionen wurde aber bislang kaum gestritten. Worin bestehen genau die Spannungslinien? Welche Kontroversen gilt es zu intensivieren, um für diesen Grundbegriff zu sensibilisieren, der in der Kritischen Theorie gelegentlich blass wirkt, weil die mit ihm verbundenen Implikationen unausgesprochen bleiben?

 

Gösta Gantner

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