zum Inhalt springen

Forschungsprojekt

Triviale Wahrheitsprozeduren?

Indexikalische Wirklichkeitserzeugung in populärer Literatur und Kultur

Ausgangspunkt des geplanten Projekts ist die Bedeutung der Indizienlogik in der Kriminalliteraturforschung. Zwar ist der Rekurs auf das von Ginzburg eingeführte ‚Indizienparadigma‘ in der Forschung zur Kriminalliteratur allgegenwärtig, eine differenzierte Extrapolation dieses Konzepts, das Ginzburg selbst nur grob skizziert hat, und seiner Implikationen ist aber bisher erst in Ansätzen erfolgt. Das Projekt plant, das ‚Indiz‘ nicht nur auf Formen des Kriminalgenres zu applizieren, es aber auch nicht nur als Ausprägung unsicheren Wissens auf Methoden der Humanwissenschaften zu beziehen, sondern außerdem das Indiz ganz grundsätzlich in seiner Funktion als Lektüreoperation in einem semiotischen und philologischen Kontext zu untersuchen. Abgezielt wird auf die Verknüpfung dieser drei Forschungsperspektiven (zur Kriminalliteratur, zum Lesen, zur Wissensphilologie), bei der die Affinität von Indiz und Literatur im Fokus steht. Dabei soll die systematische Bezüglichkeit zwischen konkretem Indiz (in Text oder Film) und metareflexiver Indizienlogik als genereller Lektüreoperation in den Blick genommen werden. Das Indiz und die mit ihm verbundenen Operationen des Anzeigens und Verweisens changieren grundsätzlich zwischen Möglichem und Wirklichem. Die Indizienlogik verbindet Konstruktion, Auslegung und Evidenz. Dabei ist zentral, dass durch Indizien, ihre Verweisstruktur und Verknüpfung Imaginationsräume eröffnet werden, diese können Evidenz und Wissen antizipieren, die Indizien bleiben aber selbst ambivalent und mehrdeutig. Indizien sollen somit über ihre Funktion als 'Allegorien des Verweisens' gerade auch als genuin ästhetische 'Allegorien des Lesens' fokussiert und untersucht werden.

Antonia Eder