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Workshop

Dynamis. Interdisziplinäre Erkundung eines Begriffsfelds

Das Konzept der dynamis befindet sich seit Aristoteles nicht nur in einem komplexen Spannungsfeld zur energeia, indem es auf der einen Seite als eigenständig, gleichzeitig aber auch als vom Seinsmodus der energeia abhängig und sekundär gedacht wird, der Begriff differenziert sich auch seit der Antike immer weiter aus. Dynamis kann verstanden werden als Möglichkeit, Potentialität, Kraft, Virtualität, Fähigkeit, Macht oder Vermögen und immer hat dieses Verständnis Auswirkungen auf die Bestimmung seines Anderen als Wirklichkeit, Aktualität oder Realität. Je nachdem welche Begriffsvariante in den Vordergrund rückt, verschiebt sich das Verhältnis von Materie und Form, Widerstand und Vollzug, werden Bewegung, Zeitlichkeit und Geschichtlichkeit anders gedacht.

Der Workshop macht es sich zur Aufgabe, das begriffliche Netz der dynamis aus interdisziplinärer Perspektive zu skizzieren, wobei nicht nur nach dem Verhältnis zur energeia in den unterschiedlichen Disziplinen gefragt werden soll, sondern auch nach den entstehenden Beziehungen innerhalb des vielgestaltigen Begriffsfelds. Welche Unterschiede lassen sich zwischen Dynamis-Modellen aus der praktischen und der theoretischen Philosophie, der Religionsphilosophie, der Literatur und den Künsten sowie der Politik ausmachen? Welche Aspekte werden in welchem Diskurs betont und was geschieht, wenn von einem auf das andere Begriffsfeld gewechselt wird, was bleibt latent, was wird negiert, und was wird, je nach Übertragung hinzugefügt? Wie verhalten sich antike, mittelalterliche, neuzeitliche und moderne Konzepte von dynamis zu einander? Wo grenzen sie sich ab, was wirkt latent weiter und emergiert in neuen Kontexten? Wie lässt sich das Verhältnis von virtuellen Kräften und Möglichkeiten bestimmen? Was geschieht etwa mit dem Dynamiskonzept, wenn es sich mit der Vorstellung von göttlichen Kräften verbindet? Wie geht dynamis in die Lehren von den Seelenvermögen ein und wie fließen Gedanken der Potentialität und des Potentials in anthropologische Konzeptionen und moderne Bestimmungen von (Lebens-)kräften ein? Wie verhält sich Leibniz’ Konzeption von Virtualität zu dessen Modell möglicher Welten, was geschieht mit diesem Modell, wenn es in der Kontingenz der Moderne zum Signum einer literarischen Gattung – dem Roman – wird und bietet diese Entwicklung Anschlüsse zum Verständnis aktueller Diskussionen um virtuelle Welten? Diskussionsgrundlage bilden ausgewählte Primärtexte und/oder Texte der Teilnehmer:innen, die im Vorfeld zirkulieren und von den Verfasser:innen am Beginn ihrer Sektion kurz erläutert und auf die Themenstellung bezogen werden sollen.

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