Ansgar Mohnkern lehrt seit 2012 Deutsche und Allgemeine Literatur an der Universitat von Amsterdam (NL). Er studierte Deutsche Literatur und Philosophie an der Universität Bonn und an der Yale University (PhD, 2011) und ist Autor der Bücher "Metapher, Wiederholung, Form: Zu Goethes Unbegrifflichkeiten" (2012), "Grund: Szenen einer Metapher" (2021) und "Gegen die Erzählung: Melville, Proust und die Algorithmen der Gegenwart" (2022) sowie Mitherausgeber des Bandes "Kulturelle Anatomien: Gehen" (2017). Ansgar Mohnkern arbeitet gegenwärtig an einem Buch über "Fußball und Ideologie" und an einer Studie über das Verhältnis von Erzählung und Eigentum.
Forschungsschwerpunkte
Deutsche und europäische Literatur seit dem 18. Jahrhundert
Kapitalismus und Literatur
Erzählung und Ideologie
Begriffs- und Metapherngeschichte
Goethe
Forschungsprojekt
Erzählung und Eigentum. Zu einer kapitalistischen Sympotmatik
Im „Kapital“ bemerkt Marx über den „Sündenfall" einer „ursprünglichen Akkumulation“, dass sein „Ursprung [...] als Anekdote der Vergangenheit erzählt wird.“ Dem folgend muss also ein Konnex zwischen Fragen des Eigentums und des Erzählens zumindest unter kapitalistischen Bedingungen bestehen. Dabei kann Erzählen, so die Ausgangsthese des Projekts, als symptomatischer Fall für ein Zeitalter gelten, das seit dem 18. Jahrhundert seine gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Angelegenheiten – nach dem Verschwinden theologischer Modelle – insgesamt symbolisch organisiert und legitimiert. Ausgangspunkt bildet dabei der Blick auf Erzählliteratur des 19. Jahrhunderts (Flaubert, Stifter Melville, Tolstoi u.a.) und die Frage, wie (realistische) Literatur nicht nur Aspekte des Eigentums auf der Ebene des Erzählten behandelt, sondern inwiefern die Erzählpraxis selbst proprietäre Elemente besitzt. Damit verbunden ist das Aufspüren einer spezifischen Weise des Erzählens, die Eigentumsstrukturen unter kapitalistischen Bedingungen nicht nur reflektiert, sondern nachahmt und bisweilen selbst generiert. Mit dem Projekt verbunden ist eine gründliche Revision narratologischer Grundannahmen, nach denen Erzählung entweder Struktur oder „Diskurs“ (Genette u.a.) oder eine anthropologische, gleichsam natürliche Konstante ist, in welcher „unsere Neuronen erzählen“ (F. Breithaupt). Entgegen solcher Modelle, die auf ein überhistoisches Koninuums abzilen, fragt das Projekt nach der spezifischen geschichtlichen Konstellation von Kapitalismus und Erzählen und somit impliziert nach Konjunkturen des Erzählens und seiner Techniken. Dies schließt abschließend auch die Frage mit ein, in welcher Beziehung Erzählen und Eigentum heute unter Bedingungen eines digitalen Kapitalismus – sowohl auf kultureller (Profile, memes, Investment stories) als auch auf technologischer Ebene (Algorithmen, Al) – stehen.
Publikationen (Auswahl)
Bücher
Gegen die Erzälung. Melville, Proust und die Algorithmen der Gegenwart, Wien/Berlin: turla + kant 2022
Grund. Szenen einer Metahpher, Wien: Passagen 2021
Metapher, Wiederholung, Form. Zu Goethes Unbegrifflichkeiten, Bielefeld: Alsthesis 2012
Artikel (Auswahl)
Scheiße bei Marx. Zu einer Symtomatik von Geschichte und Krise, In: Modern Laguage Notes, German Issue (2023)
Eigentum und Metapher. Überlegungen zu Franz Kafkas „Der Bau“, In: Arcadia 57/2 (2022), 1–25
Stifter, Keller, Raabe. Zu Literatur und Soziologie im 19. Jahrhundert, In: Kleinstadtliteratur. Erkundigungen eines Imaginationsraums ungleichzeitiger Moderne, eds. Werner Nell and Marc Weiland, Bielefeld: transcript 2020, 167–188
Grund/Abgrund. On Hölderlin und Kant, In: Anti/Idealism: Re-Interpreting a German Discourse, eds. Juliana Albuquerque and Gert Hofmann, Berlin/New York: de Gruyter 2019. 187–207